Kann der Schwarze Körper auf der Bühne sein, ohne dass dies Widerstand ist?

Ich bin auf der Bühne um Dringendes und den physischen Zustand meines Körpers zu teilen. Aber heute sehe ich, dass das in Szene setzen meines Körpers das Spekulieren möglicher Transformationen bedeutet. Es bedeutet sich die Bilder, die uns stets geprägt haben (der weiße Körper auf Filmleinwänden, in Modemagazinen), bewusst zu machen und jetzt in das Gegenteil zu kehren. Es gilt das Bild aktiver, verwirklichter Körper zu erschaffen mit wirkungsvoller Sprache, mit eigens konstruierter Architektur und zu realisierenden Ideen.

Ich sehe die Möglichkeit dafür, Räume zu gestalten.
Mein Protest ist die Ankündigung, dass wir hier sind, anwesend!
Ich werde gefragt, ob mein Körper auf der Bühne ein Körper des Protests ist. Diese Frage ist vergleichbar mit der Frage nach dem Licht am Ende des Tunnels.

Aber das Licht ist nur Ablenkung. Ich möchte mich um die Beleuchtung des Tunnels und mögliche Bohrlöcher im Tunnel kümmern. Ich kann nicht länger warten. Das Licht am Ende ist immer weiter entfernt.

Ich denke nicht an Heilung, ich finde es schwierig, jetzt an Heilung zu denken, weil es keine Zauberei ist, das Licht am Ende des Tunnels ist zu weit weg. Die Heilung unserer Körper von Traumata ist eine langfristige Arbeit.

Vom Erleben direkter Aggressionen über die Hinderung daran bestimmte Positionen einzunehmen, keinen Zugang zu erhalten. Nach diesem Tsunami von Erfahrungen bleibt nur der Schaum. Der Schaum ist das Konkrete, das bleibt, und damit werde ich bauen.

Im Jetzt denke ich über die palliative Behandlung nach, die Lebensqualität zu verbessern und das Träumen wieder zu erlernen. Es geht nicht darum, Hoffnung zu nähren, sondern Wünsche zu projizieren und dies im Jetzt umzusetzen.

Das Ziel ist jetzt, die im Kampf befindlichen Körper, die an vorderster Front sind, die die Traumata (der Vorfahren) tragen, zu stärken. Diese Körper stärken, damit sie sich von dem auferlegten heteronormativen weißen Körper lösen können, damit sie Räume der Möglichkeiten werden, sich als Plattform für die Wünsche artikulieren können.

Die Pillen dieser Behandlung sind diese Plattformen, der Austausch von erlebten Wissen, die Wertschätzung von vergrabenen Technologien, womit ich Methoden, Techniken, Instrumente, Herangehensweisen und Strategien der Umsetzung meine.

Die Behandlung ist ein Training oder eigentlich eine Re-Training. Es besteht darin, sich mit dem Wissen und den Technologien, die durch die Verwestlichung verloren sind, wieder und neu zu verbinden.
Wieder mit den Bäumen zu sprechen.
Die Werkzeug zur Kollektivität neu bestärken.
Wie können wir nicht nur Allianzen bilden, sondern wie sie auch fortsetzen?
Wie Nationen bauen? Wie König*innenreiche erschaffen?
Wie können wir unsere Technologien mit den uns auferlegten Technologien zusammenbringen?
Bäume wieder umarmen!

Exkurs um Ailton Krenaks Gedanken weiterzuspinnen:
Die Medien kommentierten die Brumadinho-Katastrophe wie folgt: „Wir verlieren Ressourcen“
Aber welche Ressource, wenn der Fluss der Großvater ist, wenn er Teil der Gemeinschaft, der Familie ist?
Wir haben eine Beziehung mit dem Onkel, der Schwester und dem Fluss aufgebaut. Wenn wir uns wieder an diese Technologien erinnern, verstehen wir, dass wir alle eins sind.

Was kann wirklich heilen?

1 dass es keinen Rassismus gibt
Der Schwarze Körper ist nicht derjenige, der das Virus trägt, der weiße Körper ist derjenige, der es trägt.
Es ist notwendig, den Überträger zu stoppen, diesen Körper der Macht aufzulösen. Wenn dieser Körper nicht über Macht verfügt, wird das Virus ausgelöscht. Die Notwendigkeit, ein Gegenmittel zu schaffen, wird uns zwingen, Technologien zu mischen.
Damit die nächste Generation die Krankheit nicht mehr hat.

2 Wie pflegt man bereits kranke Körper? Was ist die palliative Behandlung für die heutige Generation?
Diesen Körpern versichern: was ihre Großeltern auf subtile Weise weitergegeben haben ist real, es ist keine Fantasie oder Lüge oder Missverständnis oder Erfindung – es sind Technologien und sie sind wahrhaftig.
Ihnen die blockierten Wege aufzeigen.
In Plattformen investieren, diese Körper aktivieren.
Diese Körper benötigen Reparatur. Protagonist sein ist eine Möglichkeit der Reparatur.

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Mario Lopes ist Kulturvermittler und Choreograph. Als Mitglied des Kollektivs DMV22 entwickelte er die Stücke „VRUM“ (2009), „a cidade se move“ (2010), „vrumvrumzinho“ (2011), ENTRE“ (2012), „TREPP“ (2013), „Movimento I, parado é suspeito“ (2014), die Performance „Keller“ (2015) sowie „Re_sistir_existir“ (2016). Im Oktober 2016 erarbeitete er gemeinsam mit dem mexikanischen Choreographen Martin Lanz die Koproduktion “ALBUM kodex_feedback”, die im Theater HochX in München Premiere hatte. Er ist Geschäftsführer und einer der Kuratoren der plattformPLUS/München sowie Leiter von HumaVida Produções/São Paulo.

Seit 2015 gehört er zum kuratorischen Team von veiculoSUR und ist für die Leitung und Produktion der Residenz in Deutschland verantwortlich.

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